Wirksamkeit von Düften

Riechen und Schmerz von Gudrun Gossrau und Antje Hähner, Dresden   Die Beeinflussung psychischer Variablen durch Gerüche ist bekannt. Alternative Therapien nutzen Aromen, um Schmerz zu reduzieren. Neuroanatomisch bestehen Verbindungen zwischen dem olfaktorischen System und Hirnregionen, welche funktionell der „Schmerzmatrix“ zugerechnet werden: limbisches System/Amygdala, Hypothalamus und mediodorsaler Thalamus. Indirekte Verbindungen bestehen zur Inselrinde, Gyrus cinguli und Hippocampus. In der Körperperipherie werden nozizeptive und olfaktorische Stimuli zum Teil über identische Rezeptortypen wahrgenommen.     Die moderne Riechforschung zeigt schmerzrelevante Ergebnisse. In einer Pilotstudie konnten wir den potenziellen Nutzen einer Riechtherapie als „Koanalgetikum“ darstellen.     Molekulare Schnittstellen von Schmerz und Riechen   Bereits auf molekularer Ebene finden sich vielfältige Gemeinsamkeiten von Riechsinn und Nozizeption. Die bekannte angeborene Insensitivität für Schmerz beruht auf einer Mutation im SCN9A-Gen, welches für den Natriumkanal Nav1.7 kodiert [1]. In Gesunden wird der spannungsabhängige Natriumkanal Nav1.7 an nozizeptiven Nervenendigungen und olfaktorischen Neuronen exprimiert. Die Mutation bedingt einen Funktionsverlust und führt in Betroffenen neben fehlender Schmerzwahrnehmung zu einer Unfähigkeit, Gerüche wahrzunehmen, zu einer Anosmie. Aber auch Mutationen, die zu einer Funktionsverstärkung des Nav1.7 führen, haben klinische Bedeutung. Dabei bilden sich Erkrankungen mit verstärkten Schmerzen, wie z. B. die primäre Erythromelalgie oder paroxysmale Schmerzsyndrome, aus [2, 3]. Weitere Beispiele für molekulare Schnittstellen von Nozizeption und Riechen finden sich bei Opioid- und Cannabinoidrezeptoren.     Geruchssinn und Schmerztherapie   Der Geruchssinn trägt zur Orientierung und Warnung bei Gefahren bei, beeinflusst die Wahl des Sexualpartners, kontrolliert die Nahrungsaufnahme und hat letztendlich Einfluss auf die gesamte Gefühlswelt und unser Sozialverhalten. Während beispielsweise das Sehen im Schlaf abgeschaltet ist, funktioniert der Geruchssinn Tag und Nacht und lässt sich auch nicht willentlich abstellen. Die Funktionsweise des Riechens war lange Zeit ein Rätsel, welches entscheidend von den Amerikanern Linda Buck und Richard Axel gelöst wurde und im Jahre 2004 mit dem Medizin-Nobelpreis honoriert wurde [4]. Auf etwa fünf Quadratzentimetern Schleimhaut in der Nasenhöhle sind zehn Millionen Riechzellen zu finden, deren Fortsätze bis in den Riechkolben des Gehirns führen und dann weiterführende Verbindungen zu Hirnstrukturen aufweisen, welche für Emotionen und Gedächtnis verantwortlich sind, aber auch beim Schmerz aktiviert werden. Dieser Zusammenhang ist eine der Grundlagen der Aromatherapie, welche bereits seit 5.000 Jahren Anwendung findet und zunehmend in der Schmerztherapie Bedeutung erlangt. Inzwischen finden sich auch wissenschaftliche Hinweise für die psychophysischen Effekte des Geruchs auf den Schmerz, wonach sich die Wahrnehmung eines Aromas positiv auf die Intensität eines empfundenen Schmerzes auswirkt [5]. So sind angenehme Gerüche in der Lage, die Stimmung einer Person zu verbessern, was wiederum zu einer höheren Schmerztoleranz führt.     Riechtraining   In der HNO-Heilkunde wird ein strukturiertes Training mit mehreren Duftstoffen bereits seit längerem in der Therapie von Riechstörungen angewendet [6], wobei neben der Verbesserung des Riechens eine signifikante Stimmungsverbesserung zu beobachten ist. Eigene, noch unveröffentlichte Daten zu einer strukturierten Duftexposition von chronischen Schmerzpatienten konnten eine signifikante Erhöhung der Schmerzschwelle nach vier Wochen aufzeigen, was für die positive Wirksamkeit von Düften auf das Schmerzempfinden spricht und eine breitere Anwendung empfehlen würde.         Referenzen   Cox JJ, Reimann F, Nicholas AK et al. An SCN9A channelopathy causes congenital inability to experience pain. Nature 2006; 444(7121): 894–8. Cummins TR, Dib-Hajj SD, Waxman SG. Electrophysiological properties of mutant Nav1.7 sodium channels in a painful inherited neuropathy. J Neurosci 2004; 24(38): 8232–6. Julius D, Basbaum AI. Molecular mechanisms of nociception. Nature 2001; 413(6852): 203–10. Buck L, Axel R. A novel multigene family may encode odorant receptors: a molecular basis for odor recognition. Cell 1991; 65: 175–87. Villemure C, Slotnick BM, Bushnell MC. Effects of odors on pain perception: deciphering the roles of emotion and attention. Pain 2003; 106: 101–8. Hummel T, Rissom K, Reden J et al. Effects of olfactory training in patients with olfactory loss. Laryngoscope 2009; 119: 496–9.   Copyright: mauritius images / Science Photos Library   Autorinnen:           Priv.-Doz. Dr. med. Gudrun Gossrau gudrun.gossrau2@uniklinikum-dresden.de       Priv.-Doz. Dr. med. Antje Hähner         aus connexi 2-2016 14. bis 17. Oktober 2015 Mannheim Deutscher Schmerzkongress Konferenzbericht  
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