Verhängnisvolle Zusammenhänge
Darum fördern Übergewicht und Diabetes den Krebs Übergewicht und Adipositas greifen um sich und betreffen inzwischen mehr als 1,5 Milliarden Menschen weltweit. Damit nehmen auch Folgeerkrankungen wie Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen immer mehr an Bedeutung zu. Weniger bekannt ist, dass Übergewicht und Diabetes auch die Entstehung verschiedener Krebsarten fördern. Grund dafür könnte bei beiden Erkrankungen unter anderem die vermehrte Insulin-Produktion sein. In den vergangenen Jahren haben wissenschaftliche Studien klar aufgezeigt, dass Übergewicht und Diabetes die Entstehung einer Vielzahl von Tumoren begünstigen können. Dazu zählen neben Darmkrebs, Brustkrebs und Speiseröhrenkrebs auch Tumoren der Nieren, Bauchspeicheldrüse, Leber und Gebärmutter. „Körpergewicht und Stoffwechsel wirken sich aber nicht nur auf die Entstehung von Krebs aus“, sagt Dr. med. Cornelia Jaursch-Hancke, Direktorin der Abteilung für Diabetologie und Endokrinologie an den DKD-Helios-Kliniken in Wiesbaden. Auch der Verlauf der Erkrankung und die Überlebenschancen hingen stark vom Body-Mass-Index ab. So hätten etwa Tumorkranke mit sehr starkem Übergewicht (BMI über 40 kg/m2) ein um 50–60 % höheres Risiko an ihrer Krebserkrankung zu sterben als normalgewichtige Leidensgenossen. Wie kommt es zu diesem Effekt? „Die Forschung hierzu ist noch lange nicht abgeschlossen“, sagt Jaursch-Hancke. Aus einer Vielzahl von Studien ergebe sich jedoch allmählich ein immer genaueres Bild der Prozesse, die im Körper ablaufen, wenn die Fettpolster zunehmen. Übergewichtige produzieren häufig große Mengen Insulin, das den Blutzuckerspiegel niedrig halten soll. Zugleich lässt jedoch die Wirkung des Insulins nach, sodass der Blutzuckerspiegel hoch bleibt und die Insulinproduktion weiter ankurbelt. „Es ist bekannt, dass permanent hohe Insulinspiegel Rezeptoren aktivieren, die das Tumorwachstum fördern“, erläutert Jaursch-Hancke. Auch die Fettzellen selbst tragen zur Krankheitsentstehung bei: Sie produzieren eine Vielzahl von Hormonen und Botenstoffen (Adipokine), die unterschiedliche Stoffwechselprozesse steuern und beeinflussen können. Bei starkem Übergewicht setzen die Fettzellen anstelle schützender Botenstoffe wie Adiponectin und Visfatin vermehrt schädliche Substanzen wie Resistin frei, die Entzündungen und Insulinresistenz fördern können. Studien haben auch gezeigt, dass das hungerbremsende Adipokin Leptin bei Übergewichtigen zwar vermehrt hergestellt wird, dass es aber ebenso wie Insulin seine Wirkung verlieren kann. Leptin und andere Adipokine wirken direkt auf das Immunsystem ein. Welchen Effekt jede einzelne dieser Komponenten hat und wie sie bei Entstehung und Wachstum von Tumoren zusammenwirken, ist aber noch weitgehend ungeklärt. „Die gute Nachricht ist jedoch, dass sich dieser Effekt auch wieder umkehren lässt“, macht die Expertin Mut. Wer sein Gewicht reduziere und sich mehr bewege, könne sein Risiko, an Krebs zu erkranken, auch wieder verringern. Quelle: Pressekonferenz am 19. April 2017 anlässlich des 11. Patiententags der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin e. V. (DGIM) in Wiesbaden. Bild Copyright: Science Photo Library / STEVE GSCHMEISSNER aus connexi 4-2017 Hämatologie, Onkologie 2017 DGHO 2016, ACUTE LEUKEMIAS XVI 2017 Kongressberichte Titelbild Copyright Science Photo Library / TEK IMAGE , Shutterstock® Sebastian Kaulitzky, Shutterstock® martan, Shutterstock® martan, iStock® cherezoff, iStock® cherezoff, Fotolia® psdesign1 Gestaltung: Jens Vogelsang, Aachen