Lebensstil und Diabetesrisiko

Einfluss des Energieumsatzes auf den Glukosestoffwechsel von Franziska Büsing, Kiel     Eine höhere postprandiale Glykämie bereits innerhalb des Normalbereichs hat sich als Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erwiesen [1, 2]. Darüber hinaus war in einer Meta-Analyse prospektiver Kohortenstudien eine höhere glykämische Last positiv mit dem Risiko für Typ-2-Diabetes assoziiert [3]. Ein höherer Energieumsatz könnte sich positiv auf die postprandialen Glukosespiegel auswirken.   Der Energieumsatz ist definiert als Niveau der Energiebilanz, das heißt ein hoher Energieumsatz wird durch ein hohes Energieverbrauchsniveau (hohe körperliche Aktivität) und eine korrespondierend hohe Energieaufnahme erreicht. Ein niedriger Energieumsatz, das heißt eine geringe Energieaufnahme bei ebenfalls geringem Energieverbrauch entspricht einem inaktiven Lebensstil. Eine Veränderung des Energieumsatzes ist daher unabhängig von Veränderungen der Energiebilanz. Ziel dieser Studie war es, die Auswirkungen verschiedener Energieumsatzniveaus (niedrig, mittel und hoch) auf den Glukosestoffwechsel bei ausgeglichener Energiebilanz, kontrollierter Kalorienrestriktion und Überernährung zu untersuchen.   Studiendesign   16 gesunde Personen (drei Frauen und 13 Männer) im Alter von 25,1 ±3,9 Jahren mit einem BMI von 24,0 ±3,2 kg/m² wurden in diese Human­studie eingeschlossen. Nach WHO-Kriterien waren zehn Probanden/-innen normalgewichtig, fünf übergewichtig und eine/r fettleibig. Die randomisierte Interventionsstudie wurde im Cross-Over-Design durchgeführt. Für diese Untersuchungen war die exakte Erfassung von Energieaufnahme und Energieverbrauch über Zeiträume bis zu 36 Stunden erforderlich. Diese erfolgte in speziellen Stoffwechselräumen, bei denen die Atemgase des Körpers (Sauerstoffverbrauch und CO2-Produktion) kontinuierlich gemessen und Energieverbrauch und Energieaufnahme vorgegeben und kontrolliert wurden. Die Probanden/-innen durchliefen 3x3 Interventionstage und hielten sich hierfür für jeweils 24 Stunden in einem Raumkalorimeter auf (schematisches Studienprotokoll in Abbildung 1). Drei unterschiedliche Niveaus von körperlicher Aktivität (Physical Activity Level: niedrig 1,3; mittel 1,5 und hoch 1,7, erreicht durch Gehen mit 4 km/h für 0 Minuten, 3×55 Minuten oder 3×110 Minuten) wurden jeweils unter drei verschiedenen Energiebilanzen (ausgeglichene Energiebilanz: 100 % des Energiebedarfs, Kalorienrestriktion, 75 % des Energiebedarfs und Überernährung: 125 % des Energiebedarfs) verglichen. In Voruntersuchungen in der ersten Woche wurde der individuelle Energieverbrauch bei den unterschiedlichen Niveaus an körperlicher Aktivität unter Ad-libitum-Ernährung erfasst.   Die Tagesglykämie wurde kontinuierlich mittels Glukose-Monitoring (continous glucose monitoring) aufgezeichnet, die Insulinsekretion via C-Peptid-Ausscheidung im 24-Stunden-Sammel­urin analysiert und die basale Insulinsensitivität mittels HOMA-IR berechnet. Es wurden außerdem die postprandialen Glukose- und Insulinspiegel gemessen.       Ergebnisse   Die Tagesglykämie stieg bei höherem Energieumsatz trotz einer entsprechend höheren Kohlenhydrat-Aufnahmemenge (niedriger vs. hoher Energieumsatz: +86 -135 g Kohlenhydrate/Tag) unter keiner der drei verschiedenen Bedingungen der Energiebilanz an. Bei Kalorienrestriktion waren die Tagesglykämie und die Insulinsekretion über 24 Stunden bei einem höheren Energieumsatz im Vergleich zu einem niedrigen Energieumsatz sogar reduziert (p<0,05). Ein höherer Energieumsatz führte außerdem zur Senkung der postprandialen Glukose- und Insulinspiegel bei Kalorienrestriktion und Überernährung. Dies wird am ehesten durch einen höheren Non-Insulin-Mediated Glucose Uptake (NIMGU) bei körperlicher Aktivität mit Gehgeschwindigkeit nach den Mahlzeiten erklärt.   Unsere Ergebnisse bestätigen die Befunde von Nygaard et al., die bei gesunden Frauen über 50 Jahren zeigen konnten, dass 40 Minuten langsames Gehen nach dem Essen im Vergleich zu einer sitzenden Kontrolle zu einer geringeren Glukose-Antwort führt [4]. Diese niedrigere postprandiale Glykämie könnte bei Nygaard et al. aber auch durch einen höheren Energieverbrauch und ein dadurch entstandenes Kaloriendefizit erklärt sein. Allein eine negative Energiebilanz könnte die Verbesserung der Glykämie erklären. Da das Prinzip des Energieumsatzes unabhängig von der Energiebilanz ist, sind die Ergebnisse der vorliegenden Studie davon nicht beeinflusst.   Die Ergebnisse zeigen, dass eine körperliche Aktivität mit niedriger Intensität die postprandiale Regulation des Glukosestoffwechsels bei gesunden Personen verbessert und die negativen Auswirkungen einer Überernährung auf die postprandiale Glykämie verhindern kann.       Referenzen Levitan EB, Song Y, Ford ES, Liu S. Is Nondiabetic Hyperglycemia a Risk Factor for Cardiovascular Disease?, Arch Intern Med 2004;164:2147 Coutinho M, Gerstein HC, Wang Y, Yusuf S. The relationship between glucose and incident cardiovascular events. A metaregression analysis of published data from 20 studies of 95,783 individuals followed for 12.4 years. Diabetes Care 1999;22:233–240.G. Livesey G, Taylor R, Livesey H, Liu S. Is there a dose-response relation of dietary glycemic load to risk of type 2 diabetes? Meta-analysis of prospective cohort studies1-3,  Am J Clin Nutr 2013;97:584–596. Nygaard H, Tomten SE, Høstmark AT. Slow postmeal walking reduces postprandial glycemia in middle-aged women. Appl Physiol Nutr Metab 2009;34:1087–1092.     Bild Copyright: Shutterstock® Fascinadora     Lesen Sie diesen und weitere spannende Beiträge in unserer Online-Ausgabe.       Autorin:           M.Sc. Franziska Büsing fbuesing@nutrition.uni-kiel.de                 aus connexi  4-2019 DIABETES und ADIPOSITAS DDG Herbsttagung 2018, DAG Jahrestagung 2018 Kongressberichte       Titelbild Copyright: mauritius images / Science Source / Don W. Fawcett; Adobe Stock® Olga Moonlight; Adobe Stock® nikolamirejovska; Senseonics. Gestaltung: Jens Vogelsang    
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