Das verwirrende Gehirn
Anja Lamprecht
von Michael Kaplan, Edinburgh Lesen Sie hier die jüngste Geschichte aus unserer Reihe The Story Behind®: Das verwirrende Gehirn Falls Ihnen schon mal der Gedanke gekommen ist, unsere Welt biete heute keine echten Wunder mehr – denken Sie an dieses: Den komplexesten Klumpen Materie im gesamten bekannten Universum. In wissenschaftlichen Studien, die seit Generationen andauern, ist es endlich gelungen, wenigstens einige seiner Mechanismen auf lokaler Ebene zu entschlüsseln. Aber wie diese lokalen Mechanismen mit der Funktion als Ganzes zusammenhängen, verstehen die Experten ebenso wenig wie die Laien. Über die Vorgänge in seinem Innern wissen wir weniger als über die funktionale Struktur weit entfernter Milchstraßensysteme. Es wiegt etwa 1,4 Kilo, und seine Konsistenz ähnelt der von Zahnpasta. Wir tragen es zwischen den Ohren. Das menschliche Gehirn entzieht sich unter anderem deswegen dem menschlichen Verständnis, weil es etwas repräsentiert, das es selbst nicht so einfach verstehen kann: Große Zahlen. Unser Gehirn enthält etwa 86 Milliarden Neuronen, und jedes einzelne hat Verbindung mit bis zu 10.000 weiteren. Die Zahl der neuronalen Verbindungen in einem einzigen Kubikzentimeter Gehirn ist größer als die Zahl sämtlicher Sterne unserer Milchstraße. Ginge es nur um die Größenordnungen, dann könnten wir diese ungeheuren Mengen mithilfe der Mathematik bewältigen. Schließlich ist es deren Aufgabe, die Regeln zu entdecken, die hinter allen denkbaren Fällen verborgen liegen. Aber die Mathematik der Neurowissenschaften ist dermaßen komplex, dass sich die chaotische Mathematik der Wettervorhersagen (die ja bekanntlich in der prädiktiven Genauigkeit immer wieder an ihre Grenzen stößt) dagegen als geradezu simpel darstellt. Also modellieren und simulieren die Wissenschaftler und statten ihre Modelle mit der Fähigkeit aus, sich während der Prozesse selbst zu modifizieren. Dadurch sollen die Fähigkeiten des menschlichen Gehirns am besten nachgeahmt werden. Die Ergebnisse sind beeindruckend – inzwischen werden die besten Go-Spieler der Welt durch neuronale Netzwerke besiegt. Allerdings bringt der Erfolg der neuronalen Simulation neue Herausforderungen mit sich: Wir verlagern die bestehende Unsicherheit über die Funktion des Gehirns aus dem Schädelinneren hinaus in die Welt. Wo entstehen hierbei die Probleme am deutlichsten? in der Mathematik? in der Rechtswissenschaft? in der Logik? Senden Sie uns Ihre Antwort und gewinnen Sie ein connexi-Jahresabonnement ! Zum aktiven Rätsel und Rätselarchiv gelangen Sie hier. Bild Copyright: Fotolia® Andre Bonn Autor: Michael Kaplan m.s.e.kaplan@btinternet.com aus connexi 3-2018 NEUROLOGIE, Neurointensivmedizin, Psychiatrie DGN 2017, DGPPN 2017, ANIM 2018, AAN 2018 Kongressberichte