25 Jahre dagnä – Zwischen Anspruch und Realität

  25 Jahre dagnä – Zwischen Anspruch und Realität Interview mit Dr. med. Axel Baumgarten     Zum 25-jährigen Jubiläum der Deutschen Arbeitsgemeinschaft niedergelassener Ärzte in der Versorgung HIV-Infizierter e.V. erschien eine Festschrift [1| mit Interviews, Grußbotschaften und Statements vieler an der Versorgung HIV-positiver Patienten Beteiligter, die neben den Glückwünschen die Arbeit und die Ziele der dagnä reflektieren. So kommen neben Vertretern der dagnä, u.a. Gesundheitsminister Hermann Gröhe, Silke Klumb von der Deutschen AIDS-Hilfe e.V., Dr. Doris Pfeiffer, Vostandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes und Prof. Dr. Rita Süssmuth, Bundestagspräsidentin a.D., zu Wort. Vieles wurde schon erreicht. Dennoch verbleiben zahlreiche Herausforderungen, die noch Fragen offen lassen. connexi fragte nach. Dr. Axel Baumgarten vom dagnä-Vorstand antwortet:     Die in den 25 Jahren unter dem großen Engagement der dagnä entstandenen ambulanten Strukturen sind wichtig und wertvoll für eine hochwertige Versorgung. Allgemein in der Infektiologie seien diese ambulanten Versorgungsstrukturen „vergleichsweise zersplittert, … weitere Schritte in den Versorgungsstrukturen und konkret auch in der Ausbildung sind dringend notwendig … Dieser Herausforderung in der ambulanten Infektiologie muss sich auch die dagnä stellen“. Welche Maßnahmen sind diesbezüglich in naher Zukunft geplant?   Dr. Axel Baumgarten: Die Infektiologie ist kein medizinisches Nischenthema, ganz im Gegenteil. Konkret: Im gerade beschlossenen Krankenhausstärkungsgesetz erfolgt eine Ausweitung des Hygieneförderprogramms durch eine Einbeziehung der Beratung durch Infektiologen und der Weiterbildung in Infektiologie. Das ist ein richtiger Schritt, dem weitere folgen müssen. Als Organisation der HIV-Schwerpunktbehandler und ambulant tätigen Infektiologen wird sich die dagnä für versorgungsstrukturelle Verbesserungen einsetzen. Aktuelle Beispiele sind Selektivverträge, aber auch die Fortbildungen der Akademie für Infektionsmedizin.     Wie spiegeln sich die von Gesundheitsminister Gröhe gelobten nachhaltig angelegten Präventionsmaßnahmen im PrävG, das im Juli 2015 in Kraft getreten ist, wider? Was erwartet die dagnä als Unterstützung der für Gesundheit verantwortlichen Behörden? Dr. Axel Baumgarten: Grundsätzlich ist das im Sommer verabschiedete Präventionsgesetz zur Vorbeugung und Früherkennung von Krankheiten zu begrüßen. Im Bereich HIV/Aids sind keine Änderungen absehbar. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) engagiert sich ja schon seit geraumer Zeit in der HIV/Aids-Prävention. Wir sind auch auf einem guten Weg. Es ist aber wichtig, dass alle Akteure – Behörden, Ärzteschaft, Kostenträger und Zivilgesellschaft – in ihren Bemühungen nicht nachlassen. Es gibt keinen Grund, sich zurückzulehnen: Die Zahl der Neudiagnosen stieg jüngst wieder an. Da spielt Migration eine Rolle, vielleicht auch der verloren gegangene Schrecken. Neue Wege der Prävention können hier helfen.     Die dagnä war immer bestrebt, neben dem Wissens­transfer eine qualitätsgesicherte Versorgung für die ambulante Betreuung aller HIV-Patienten zu schaffen, die sich auch in nachhaltigen Vergütungsstrukturen abbildet. Wie ist das bisher gelungen, und ist die dagnä mit dem Erreichten zufrieden? Dr. Axel Baumgarten: Seit 2009 existiert das Kapitel 30.10 des EBM in Verbindung mit einer Qualitätssicherungsvereinbarung HIV/Aids nach § 135 SGB V. Die Betroffenen werden nun in ganz Deutschland nach einheitlichen hohen Qualitätsstandards versorgt, die Krankenkassen wiederum wissen, dass ihre Versicherten mit HIV/Aids von Experten betreut werden. Auch für die Schwerpunktpraxen gibt es Sicherheit, ihre Finanzierung ist gewährleistet. Wer sich noch an die unselige Zeit regionaler Insellösungen – von KV zu KV, wenn überhaupt, sehr unterschiedlich – erinnert, weiß, welch großer Schritt 2009 erfolgt ist. Eine Rolle rückwärts wäre schlichtweg fatal! Medizinisch wie versorgungspolitisch sind die aktuellen Regelungen nach wie vor sinnvoll. Der hohe Betreuungsaufwand von Patienten mit HIV/Aids ist eine kontinuierliche vertragsärztliche He­rausforderung. Die Versorgung von HIV-positiven Menschen in Deutschland ist leider auch im medizinischen Betrieb immer noch keine Selbstverständlichkeit. Und: Die größte damalige Sorge der Krankenkassen – nämlich die einer nicht medizinisch erklärbaren Mengenausweitung – ist nicht eingetreten.     Prof. Behrens fordert für die zweite ärztliche Generation „deutlich mehr als die Perspektive „HIV-Schwerpunktbehandler/-behandlerin“ in Aus­sicht zu stellen. Welche neuen Rahmenbedingun­gen müssten geschaffen werden, um mit jungen engagierten HIV-Behandlern den künftigen Anforderungen an eine moderne HIV-Medizin und Infektiologie gerecht zu werden? Dr. Axel Baumgarten: Das ist eine ganz wichtige, wenn auch bisher nicht ausreichend diskutierte Frage: Woher kommen eigentlich die Infektiologen der Zukunft? Auch HIV-Schwerpunktärzte werden ja nicht jünger. Die Lösung muss sein, dass das Berufsbild des Infektiologen – wie überall in Europa – strukturell gestärkt wird. Hier geht es aber nicht nur um Nachwuchssorgen – die Versorgung von hochkomplexen Infektionskrankheiten muss nachhaltig gewährleistet sein. Ein internistischer Schwerpunkt Infektiologie ist der richtige Weg dafür. Kurzfristig gilt es, den Aufwand für die Betreuung von Patienten mit chronischer Virushepatitis B, C, D und E und anderen Infektionserkrankungen in den Versorgungs- und Vergütungsstrukturen besser abzubilden.     Vielen Dank, Herr Doktor Baumgarten, für dieses Gespräch.     Referenzen 1990-2015, Jubiläumsbroschüre 25 Jahre dagnä 2015   Im Interview:           Dr. med. Axel Baumgarten baumgarten@dagnae.de     Die Fragen stellte Elke Klug.     aus connexi  7-2015 24. bis 26. September 2015 Köln 25. dagnä-Workshop Kongressbericht
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