Highlight Session
Anja Lamprecht
Rhythmusstörungenvon Daniel Steven, Jakob Lüker, Arian Sultan und Jan-Hendrick van den Bruck Auch auf der diesjährigen, 85. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie standen verschiedene Highlights elektrophysiologischer und rhythmologischer Fragestellungen im Vordergrund. Die auf der Highlight-Session vorgestellten ausgewählten Abstracts möchten wir in diesem Beitrag kurz und kompakt vorstellen. Insgesamt wurden für diese Zusammenstellung etwa 250 der akzeptierten Abstracts gesichtet. Die Auswahl konnte jedoch für diesen kurzen Überblick nicht alle gleichermaßen relevanten und interessanten Beiträge berücksichtigen. Vorhofflimmern oft nicht bekannt In einem der per Vortrag vorgestellten Abstracts von Herrn Zink aus der Uniklinik in Aachen ging es um die Bedeutung von Vorhofflimmern in einem Gesamtkollektiv, das sich in 90 Apotheken in der Region in und um Aachen vorgestellt hatte [1]. Die Screeningperiode betrug vier Wochen. Die Apothekenbesucher wurden gebeten, mittels eines etwa 30 cm messenden Handgriffes ein automatisiert ausgewertetes EKG aufzuzeichnen. Insgesamt hatten 7.107 Patienten an diesem Screening teilgenommen. Die einzige Information, die die Patienten und auch die Untersucher bekamen, war das Aufleuchten einer grünen LED für ein normales Sinusrhythmus-EKG und einer roten LED für ein verdächtiges EKG. Die EKG-Aufzeichnungen wurden anschließend ausgewertet. Die Patienten mit einem verdächtigen EKG wurden nach acht Wochen erneut einbestellt. Es wurden insgesamt 6.675 Patienten mit normalem und 432 mit vorhofflimmerverdächtigem EKG identifiziert. Die Patienten wurden dann zwölf Monate nachverfolgt, und es fand sich ein signifikanter Unterschied in Bezug auf die Anzahl der Patienten, die gestorben sind und jene, die noch einmal wegen einer kardiovaskulären Erkrankung hospitalisiert werden mussten. Die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten eines Todesfalls (HR) betrug 2,93 (CI, 1,52; 2,84, P>0,01), und das bei einer letztlich zufälligen Screeninguntersuchung. Die zufällig ausgesuchten Menschen mit einem auffälligen EKG hatten also ein fast dreifach erhöhtes Risiko in den zwölf Monaten der Nachbeobachtung zu versterben. Es wurde in dieser Studie also bei Patienten Vorhofflimmern festgestellt, bei denen dieses bislang nicht bekannt war. Es konnte erstmals gezeigt werden, dass diese Menschen einem höheren Risiko für Tod oder eine kardiovaskuläre Erkrankung ausgesetzt waren. In Zukunft wird die Frage sein, ob man ein intensiveres Screening für Vorhofflimmern in der Bevölkerung durchführen muss.Katheterablation: Weniger Komplikationen mit mehr Energie? Ein weiteres wichtiges Thema, dem man sich im Rahmen der Jahrestagung gewidmet hat, war die Katheterablation von Vorhofflimmern. Es ist bekannt, dass Rezidive nach Katheterablation auch heute noch ein Problem darstellen [2]. Dies liegt möglicherweise daran, dass die Läsionen, d. h. die Hochfrequenzapplikationen für das Vorhofgewebe nicht so effektiv sind, wie sie sein könnten, um langfristige Rezidive zu vermeiden. Bislang hat man immer mit 30 Watt an der Katheterspitze abladiert. Es gibt jetzt erste Arbeiten, die unter anderem aus der Münchener Arbeitsgruppe vorgestellt werden konnten, die zeigen, dass, wenn mit mehr Energie − 50 Watt − abladiert wird, aber für eine kürzere Dauer, zum Beispiel 13 Sekunden, die Effektivität der Läsion besser wird. Die Kollegen konnten zeigen, dass die Vorhofflimmer-Freiheit bei Patienten, die mit dieser höheren Energie aber kürzeren Energieabgabe abladiert werden, nach 300 Tagen bei 84 % liegt. Insgesamt wurden hier kürzere Prozeduren und eine kürzere RF-Zeit benötigt [3]. Dies ist ein Hinweis darauf, dass man mit dieser Energieform möglicherweise insgesamt weniger abladieren muss. Ob diese Energieform auch ausreichend sicher ist, um Komplikationen zu vermeiden, wird sich im weiteren Verlauf zeigen lassen. Es gibt allerdings bereits größere Kollektive von ca. 14.000 Patienten, bei denen keine Zunahme der Komplikationen festgestellt wurden [4]. Die bisher durchgeführten Untersuchungen hierzu zeigen keinen Sicherheitsnachteil bei diesen Patienten. Im Übrigen unbeantwortet ist die Frage nach der besten Ablationsform für Patienten mit persistierendem Vorhofflimmern. Hier ist in der Vergangenheit postuliert worden, dass persistierendes Vorhofflimmern mit einer Defragmentierungsablation, also der Verödung von komplexen fraktionierten Elektrogrammen behandelt werden kann. Dieses Konzept ist dann wieder verlassen worden, da die Prozeduren langwierig und die Ergebnisse der Ablation eher moderat waren. Nun gibt es einen neuen diagnostischen Katheter, der in der Lage ist, mittels Analyse von unipolaren Elektrogrammen die Erregungsausbreitung von Vorhofflimmern darzustellen. Außerdem besteht bei diesem Katheter die Möglichkeit mittels Ultraschallsignalen, die von diesem Katheter ausgesendet werden, eine dreidimensionale Geometrie des Vorhofs in kürzerer Zeit als üblich zu erstellen. Hier konnte in einer größeren europäischen Studie mit insgesamt 129 Patienten gezeigt werden, dass die Ablation entsprechend der durch diesen neuen Katheter festgestellten Maps zu einer Erfolgsrate von 72,5 % führen kann. Diese Daten konnten zeitgleich in Circulation Arrhythmia and Elektrophysiology publiziert werden [5]. Ablation des Vorhofohrs Ein weiterer Ansatz, der von verschiedenen Laboren verfolgt wird, ist der einer zusätzlichen Isolation des Vorhofohrs bei Patienten mit persistierendem Vorhofflimmern. Hier wurden aus verschiedenen Zentren Daten vorgestellt, die zeigen konnten, dass die Ablation des Vorhofohrs, d.h. die elektrische Diskonnektion des LAA vom Rest des Vorhofs, mit einem verbesserten Langzeitverlauf der Patienten in Bezug auf das Vorliegen von Sinusrhythmus vergesellschaftet sein kann [6]. Es wurde aber auch festgestellt, dass das Thrombembolierisiko bei diesen Patienten mit 7 % pro Jahr deutlich erhöht ist im Vergleich zum Normalkollektiv. Die Autoren konstatierten, dass zum einen die Effektivität dieser Therapie in einer prospektiv randomisierten Studie untersucht werden muss. Darüber hinaus sollte bei der überwiegenden Mehrzahl der Patienten ein LAA-Occluder implantiert werden, da auch die orale Antikoagulation bei dem sehr langsamen Fluss im LAA nicht ausreichend hilfreich ist, um Schlaganfälle zu vermeiden [7]. Auf QRS-T-Diskordanz in Ableitung I achten Eine weitere spannende Analyse zur Implantation von subcutanen ICD’s wurde aus der Uniklinik in Münster präsentiert. Hier konnten Wagner und Kollegen zeigen, dass gerade Patienten mit HCM und einer Diskordanz des QRS-Komplexes zwischen der T-Welle und der R-Zacke in I ein hohes Risiko haben, keine suffiziente Schockabgabe zu erfahren. Insofern ist es bei diesen Patienten besonders wichtig, auf eine QRS-T-Diskordanz in Ableitung I zu achten um ineffektive Schockentladungen zu vermeiden [8].Neue Aspekte für den klinischen Alltag Insgesamt gab es eine Reihe von neuen Erkenntnissen, die auf der DGK vorgestellt wurden, teils auch aus großen Patientenkollektiven. Gerade im Hinblick auf die Signifikanz des Vorhofflimmerns sowie dessen Therapie ergeben sich aus den hier präsentierten Daten neue Aspekte für den klinischen Alltag. Es wird spannend sein zu sehen, wie auch neue „Wearables“ wie zum Beispiel die Apple Watch, dazu führen können das Screening von Vorhofflimmerpatienten zu verbessern [9]. Ganz praktische Hinweise gab es darauf, wie man zum Beispiel bei Patienten mit S-ICDs, deren Implantation häufiger wird, gerade bei solchen Patienten, die eine hypertrophe Kardiomyopathie haben, ineffektive Schockentladungen vermeiden kann. Die Katheterverödung bei Patienten mit Vorhofflimmern wird zum einen durch das Konzept des „High power short duration“, wie es aus München vorgestellt wurde, zum anderen aber auch durch eine neuartige Energieabgabe mittels Elektroporation ebenfalls eine kleine Revolution erfahren. Man darf gespannt sein auf die nächsten neuen Daten, die uns aus dem Jahreskongress der DGK aus gut anwendbaren klinischen Daten resultierend vorgestellt werden, und aus denen wir Schlüsse für den klinischen Alltag ziehen können. LiteraturZink M et al. Abstract Session Frühjahrstagung DGK 10.1007/s00392-019-011128-9Packer DL et al. JAMA 10.1001/jamainternmed.2013.1561Bourier F et al. Abstract Session Frühjahrstagung DGK 10.1007/s00392-019-01435-9Winkle RA et al. Heart Rhythm Journal 10.1016/j.hrthm.2018.11.031Meyer C et al. Abstract Session Frühjahrstagung DGK 10.1007/s00392-019-01985-9Romero J et al. Europace 10.1093/europace/eux372Zender N et al. Abstract Session Frühjahrstagung DGK 10.1007/s00392-019-011130-9Wagner J et al. Abstract Session Frühjahrstagung DGK 10.1007/s00392-019-01647-9Turakhia M et al. American Heart Journal 10.1016/j.ahj.2018.09.002 Bild Copyright: Science History Images / Alamy Stock Foto Autoren: Univ.-Prof. Dr. med. Daniel Stevendaniel.steven@uk-koeln.de aus connexi 5-2019 KARDIOLOGIE, HERZCHIRURGIEDGK Jahrestagung 2019Kongressberichte Titelbild Copyright: Science Photo Library / Thomas Deerinck / NCMIR. Gestaltung: Jens Vogelsang