Covid-19 und die Niere

Akutes Nierenversagen und terminale Niereninsuffizienz bei schweren COVID-19-Verläufen  Hämaturie, Proteinurie und eine erhöhtes Serumkreatinin treten bei vielen COVID-19-Patienten bereits früh im Krankheitsverlauf auf. Darüber hinaus stellt ein akutes Nierenversagen (ANV) eine relevante klinische Komplikation bei Patienten mit Covid-19 dar und geht mit einer schlechten Prognose einher. Eine Autopsie-Studie aus Hamburg zeigt, dass SARS-CoV-2 auch die Nieren angreift. Nierenparameter könnten eine prognostische Relevanz für den Verlauf von COVID-19 haben.  Dialysepatienten gehören zu den Hochrisikopatienten, da sie in der Regel älter sind, mehr Komorbiditäten aufweisen und zudem unter einem geschwächten Immunsystem leiden. Ein praktisches Problem, welches das Risiko noch erhöht, ist, dass sie ihre Therapie nicht unterbrechen können und dreimal wöchentlich ihre Dialyseeinrichtung aufsuchen müssen, das heißt, eine strikte häusliche Isolation ist für diese Risikopatienten nicht möglich. In Deutschland wurde ein Register eingerichtet, um Prävalenz und Outcome von SARS-CoV-2-infizierten Dialysepatienten zu untersuchen. Ende Mai waren etwa 2 % der registrierten Dialysepatienten (etwa 300 von 14.000 Personen) positiv auf SARS-CoV-2 getestet worden, und wie sich herausstellte, hatten diese Patienten eine schlechte Prognose: Die Sterblichkeitsrate lag bei etwa 20 %. In einer zweiten Phase des Registers werden auch Patienten mit akutem Nierenversagen und chronischer Nierenerkrankung aufgenommen und die Ergebnisse und prognostischen Faktoren untersucht.  Patienten mit einer Nierenerkrankung haben jedoch nicht nur ein erhöhtes Risiko, sich mit dem SARS-CoV-2 zu infizieren und einen schwereren Verlauf zu entwickeln – die vorliegenden Daten deuten auch darauf hin, dass die Nieren ein Zielorgan dieser Viruserkrankung sein könnten. Bereits erste Daten aus China zur Nierenbeteiligung bei COVID-19 waren alarmierend In einer konsekutiven Kohortenstudie [1] mit COVID-19-Patienten, die nach einem größeren Ausbruch in Wuhan in ein tertiäres Lehrkrankenhaus aufgenommen wurden, wurden Hämaturie, Proteinurie, Serumkreatinin, das Vorliegen eines ANV und weitere klinische Parameter ermittelt. Bei der Aufnahme hatten 44 % der Patienten eine Proteinurie und 26,7 % eine Hämaturie. Ein akutes Nierenversagen trat bei 5,1 % der Patienten auf. Auch nach einer Bereinigung um Confounder waren alle Indikatoren für eine Nierenbeteiligung mit einem höheren Risiko für einen stationären Tod verbunden. Und so empfahlen die Autoren bereits im Februar 2020, dass Klinikärzte ihre Aufmerksamkeit für eine Nierenschädigung bei hospitalisierten COVID-19-Patienten erhöhen sollten.Bestätigt wurden diese Ergebnisse durch eine weitere Studie [2], die zeigte, dass die Inzidenz des ANV bei hospitalisierten Patienten signifikant erhöht ist: Von 4259 Patienten, die keine mechanische Beatmung benötigten, hatten 925 eine ANV (jedes Stadium) entwickelt und neun benötigten eine Nierenersatztherapie. Bei den beatmeten Patienten war die Rate signifikant höher – von 1190 Patienten benötigten 276 (23,2 %) eine Dialysebehandlung. Die Hauptschlussfolgerung der Autoren lautet: „Das ANV tritt bei Patienten mit COVID-19 häufig auf. Es tritt früh und in zeitlichem Zusammenhang mit dem Atemversagen auf und es ist mit einer schlechten Prognose verbunden.“ Nierentubuli und insbesondere die glomerulären Zellen weisen eine hohe Viruslast auf In einer in Hamburg [3] durchgeführten Autopsie-Studie wurden Proben aus verschiedenen Organgeweben von 27 autopsierten COVID-19-Patienten auf die Viruslast untersucht. Dabei wurde festgestellt, dass zwar die Lunge am schwersten von SARS-CoV-2 betroffen ist, dass aber auch andere Organe und insbesondere die Nieren angegriffen werden. Anhand der Proben von sieben Patienten wurde darüber hinaus untersucht, welche Nierenkompartimente besonders betroffen sind, und es konnte gezeigt werden, dass die Nierentubuli und insbesondere die glomerulären Zellen eine hohe Viruslast aufweisen. „Diese Befunde stimmen mit den klinischen Beobachtungen überein. Die Glomeruli erfüllen die Filtrationsfunktion der Nieren, und die Tubuli sind für die Reabsorption verantwortlich. Es hat sich herausgestellt, dass viele Patienten im frühen Verlauf von Covid-19 Anomalien im Urin aufwiesen, insbesondere eine Proteinurie“, erläuterte der Nephrologe Priv.-Doz. Dr. Elion Hoxha Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) auf der Pressekonferenz zur Eröffnung des europäischen Nephrologen-Kongresses (ERA-EDTA), der in diesem Jahr vollständig virtuell stattfand. Die Frage sei, so Hoxha, wie diese Erkenntnisse genutzt werden können. Studie untersucht nun die prognostische Bedeutung von Nierenparametern Eine Studiengruppe aus Göttingen [4], die eng mit Gruppen in Hamburg, Köln und Aachen zusammenarbeitet, untersucht derzeit, ob frühe Anzeichen einer Nierenbeteiligung, wie Proteinurie, Hypoproteinämie und Antithrombin-III-Mangel, eine frühzeitige Risikoabschätzung und Stratifizierung der Patienten ermöglichen. Solche Patienten hätten ein höheres Risiko, Komplikationen wie Lungenödeme und Thrombosen, wie z. B. die gefürchteten Lungenembolien, zu entwickeln. Beides könnte dann bei Risikopatienten prophylaktisch behandelt werden. Eine kürzlich gestartete Studie [5] untersucht nun die prognostische Bedeutung von Nierenparametern. Weitere Informationen zum COVID-19-Register für Dialysepatienten finden Sie online unter: https://www.dgfn.eu/covid-19-register-fuer-dialysepatienten.html Quelle: ERA-EDTA Press Office – Dr. Bettina Albers – press@era-edta.org  ReferenzenCheng Y, Luo R, Wang K et al. Kidney impairment is associated with in-hospital death of COVID-19 patients. February 20, 2020. doi: https://doi.org/10.1101/2020.02.18.20023242Hirsch JS, Ng JH, Ross DW et al. Acute kidney injury in patients hospitalized with COVID-19. Kidney Int. May 16, 2020. doi: 10.1016/j.kint.2020.05.006Puelles VG, Lütgehetmann M, Lindenmeyer MT et al. Multiorgan and renal tropism of SARS-CoV-2. NEJM. May 13, 2020. DOI: 10.1056/NEJMc2011400Gross O, Moerer O, Weber M et al. COVID-19-associated nephritis: early warning for disease severity and complications? The Lancet 2020. Published: May 06, 2020DOI: https://doi.org/10.1016/S0140-6736(20)31041-2https://clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT04347824   Bildcopyright: Shutterstock / CKA, Shutterstock / LuckyStep  
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